18th Academic Consultation of the Societas Oecumenica in Budapest – Einleitung

Liebe Mitglieder der Societas Oecumenica, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich hoffe, das Datum für unsere diesjährige wissenschaftliche Konsultation (21.-26. August 2014) in Budapest steht bereits in Ihrem Kalender. Heute möchte ich die Einladung dazu wiederholen und Ihnen das Programm vorstellen, das der Vorstand auf Ihren Wunsch hin zu dem Thema „Umstrittene Katholizität: Von der zwiespältigen Beziehung zwischen Vielfalt und Einheit“ erarbeitet hat.

Praktisch alle Kirchen bestimmen sich selbst als „katholisch“. Aber was diese Katholizität ausmacht und wie sie im Leben einer Kirche zum Ausdruck kommt, das ist schwer zu fassen. Vom griechischen Ursprung her ist der Begriff „katholisch“ zu verstehen als „allgemein“, „das Ganze betreffend“, wurde aber im Laufe der Kirchengeschichte mit verschiedenen Konnotationen belegt, die in den unterschiedlichen Kirchen bis heute auch verschieden gewichtet werden. Den einen geht es um die Ganzheit und die Fülle des Heiles Christi, das die Kirche vermittelt. Bei anderen steht die Ganzheit des Leibes Christi, den die Kirche als Gemeinschaft darstellt, im Mittelpunkt. Zum Dritten wird die geographische, also universale Ausbreitung der Kirche in den Blick genommen. Und schließlich wird der Begriff auch im Sinne von „wahr“, „echt“ verwendet, so dass „katholisch“ ein Synonym von „orthodox“ wird und zur Abgrenzung gegenüber ‚Häresien‘ und ‚Irrtümern‘ dient.

Vor allem die erstgenannten Konnotationen machen deutlich, dass Katholizität eng mit der Frage nach der Einheit der Kirche verbunden ist: Wenn es hier um das „Ganze“ geht, dann geht es auch um Einheit. Und wenn man den Aspekt der „Gemeinschaft“ in den Vordergrund stellt, dann geht es auch um das theologische Fundament dieser „Koinonia“ und daher um die Frage, was die Glieder der Gemeinschaft wirklich verbindet und so die Kirche eint.

Die Erfahrung von Christen und Christinnen heute ist jedoch vielfach eine andere: De facto gibt es nicht nur eine, sondern viele Kirchen. Zugleich sind auch die konfessionellen Identitäten alles andere als stabil, sondern sie geraten zunehmend durch eine Pluralisierung innerhalb der Konfessionen unter Druck. Viel deutlicher als früher tritt die Erkenntnis ins Bewusstsein, dass der christliche Glaube in einer pluralen und multireligiösen Welt nur ein Angebot unter vielen anderen darstellt. Kann Kirche im Kontext einer spätmodernen Welt den ihr eigenen theologisch unaufgebbaren Anspruch auf Katholizität in ihrem Leben überhaupt noch verwirklichen und so auch heute noch die ‚eine, heilige, katholische und apostolische Kirche’ sein und bleiben? Ist es nicht vielmehr so, dass Katholizität in einer Welt, die immer stärker von Vielfalt in jeder Hinsicht geprägt wird, zu einem Anspruch wird, dem die Kirchen immer weniger gerecht werden bzw. gerecht werden können. Ist daher ‚Katholizität’ als Kennzeichen von Kirche ein theologisches Auslaufmodell?

Mit dieser Frage und damit zusammenhängenden Fragen wird sich die Konferenz auseinandersetzen. Im Fokus stehen zunächst jene Herausforderungen, denen die Kirchen durch die spätmodernen Prozesse von Individualisierung und Pluralisierung religiöser Überzeugungen ausgesetzt sind. Wie verändert sich dadurch Eigenwahrnehmung und Selbstverständnis der Kirchen nach innen wie nach außen und wie gehen sie mit diesen Herausforderungen um? In einem zweiten Schritt sollen unterschiedliche Konzepte der Verhältnisbestimmung von Vielfalt und Einheit betrachtet werden, wie sie sich innerhalb des Christentums aber auch im säkularen Bereich finden, um zu fragen, ob der theologische Anspruch auf Katholizität angesichts der Eigendynamik einer pluralen, polyzentrischen und globalisierten Welt überhaupt noch angemessen vertreten werden kann. Neben diesen Grundsatzüberlegungen wird konkret nach Modellen gefragt, wie Katholizität heute noch lokal und global gelebt werden kann und wie beide Dimensionen von Katholizität sich zueinander verhalten. Hier wird das traditionelle Konzept der Katholizität der aus der Missionswissenschaft kommenden Vorstellung von „Global Christianity“ gegenüberzustellen sein, während in einer weiteren Runde die Kirchen in Ungarn als Fallstudie für die vor Ort gelebte Katholizität betrachtet werden. In einer letzten Diskussionsrunde soll es darum gehen, ob Katholizität als theologisch-ekklesiologische Größe noch eine Zukunft hat und wie diese dann zu konzipieren wäre. Was sind die Kennzeichen von Katholizität, die die Kirchen in Zukunft hervorheben sollten und von welchen Vorstellungen sollte man sich besser verabschieden?

Dazu haben uns langjährige Freunde, Kolleginnen und Kollegen aus der Societas Oecumenica, aber auch neue Mitglieder sowie Experten von ausserhalb ihre Beiträge zugesagt. Ich danke schon jetzt Risto Saarinen, Georgios Vlantis, Dorothea Sattler, Henk Bakker, Kirsteen Kim, Peter Lodberg, Henk Witte, Ivana Noble, Mika Vähäkangas, Christine Lienemann, Dorin Oancea, Friederike Nüssel, Peter de Mey, Péter Szentpétery, Mihály Kranitz, Ferenc Szűcs, Jelle Creemers, Claire Amos, José Villar, Nicu Dumitrascu und Martien Brinkman.

Tagungsort ist das Hotel Eben in Budapest, da die Lutherische Universität in dieser Zeit voraussichtlich Umbaumaßnahmen durchführen wird. Nur die Eröffnung wird auf dem Gelände der Universität stattfinden.

Ein Höhepunkt wird der für den Sonntag geplante Ausflug sein, der uns nach Veszprém, an den Plattensee und zur Benediktinerabtei Pannonhalma führen wird. Damit werden wir einen Eindruck von der Schönheit des Landes und auch von seiner wechselhaften Geschichte bekommen. Ich verweise dazu auch auf die Hintergrundinformation über Ungarn und die Kirchen in Ungarn, die Péter Szentpétery und Mihály Kránitz für diese Ausgabe der Signalia zusammengestellt haben.

Call for Papers/Workshops

Auch für diese Tagung haben wir wieder „Workshops“ geplant. Sie sind gedacht als Gelegenheit (nicht nur) für junge Teilnehmer/innen die Ergebnisse ihrer Forschungsprojekte anderen vorzustellen und mit ihnen zu diskutieren. Wir laden Sie ein, Kurzvorträge (20 min.!) zu halten, die einen Bezug zum Gesamtthema der Tagung haben, jedenfalls aber zu allgemeinen ökumenischen Fragen.

Bitte schicken Sie ihre Vorschläge bis zum 15. Mai 2014 zusammen mit einer Zusammenfassung von max. 500 Wörtern (auf Englisch, Deutsch oder Französisch) an den Sekretär der Societas Oecumenica, Dr. Péter Szentpétery (peter.szentpetery@lutheran.hu).

(Information: Die Kurzvorträge können nach der Tagung zur Veröffentlichung im Berichtband der Tagung eingereicht werden. Die Entscheidung, welche Texte publiziert werden, liegt beim Vorstand bzw. den Herausgeber/innen des Bandes.)

Ich hoffe nun, die meisten von Ihnen in Budapest wieder zu sehen!

Dagmar Heller

Präsidentin